Genau wie auf einem Bankkonto zahlst du auf ein Beziehungskonto ein und kannst auf der anderen Seite auch mal etwas abbuchen. Und genau wie ein Bankkonto fühlt sich auch ein Beziehungskonto gut an, wenn die Haben-Seite gut gefüllt ist und wir nicht im Minus sind. Lass uns mit einem Beispiel starten:
Am Tag nach Valentinstag kam ich an einem Blumenladen vorbei. Vor dem Tresen sah ich drei wunderschöne sehr große (teure) Sträuße. „Wow“, sage ich zur Floristin, „Sind die noch vom Valentinstag übrig geblieben?“ Sie lacht und sagt „Nee, die sind frisch gebunden. Die werden heute von den Männern gekauft, die gestern den Valentinstag vergessen haben. Da muss nämlich der Strauß heute doppelt so groß sein.“ Du ahnst langsam, was es mit dem Beziehungskonto auf sich hat?
Nur wer einzahlt, kann auch abbuchen
Mit allem, was wir sagen oder tun, zahlen wir entweder ein oder buchen ab. Beziehungen fühlen sich dann am besten an, wenn jeder bestrebt ist, immer ein bisschen mehr einzuzahlen als der andere. Wenn wir z.B. frisch verliebt sind, versuchen wir ständig, dem anderen eine Freude zu machen. Ob eine Handlung jedoch eine Einzahlung oder eine Abbuchung ist (und auch in welcher Höhe), entscheidet der Empfänger, nicht der Einzahler/Abbucher. Zurück zu unserem Valentinstagsbeispiel:
Variante A: keine Blumen – Volle Abbuchung!!
Die Partnerin ist absolut entrüstet! Blumen zum Valentinstag zu vergessen, geht einfach gaaar nicht!! Das Beziehungskonto ist im Minus und die Beziehung wird gleich mal komplett infrage gestellt: „Wo sind die Koffer? Ich ziehe zu meiner Mutter!“ Bekommst du noch Kredit oder ist der auch schon verspielt?
Variante B: keine Blumen – keine Abbuchung
„Ach, Valentinstag ist doch auch nur eine Erfindung der Blumenläden. Wir haben uns doch jeden Tag lieb, dazu brauchen wir doch keinen Valentinstag.“
Variante C: Abbuchung TROTZ Blumen
Das ist dann etwas aus der Rubrik „Gut gemeint ist nicht gut gemacht“: Du hast extra Blumen besorgt und musst dir dann anhören: „Du kaufst am Valentinstag Blumen? Da sind die doppelt so teuer, was für eine Verschwendung!“. Und damit habt ihr dann beide jeweils gehörig beim anderen abgebucht (denn du bist auch sauer, dass deine Bemühungen nicht honoriert wurden).
Geh nicht von dir aus, versuche stattdessen die Bedürfnisse des anderen zu sehen. Je besser wir uns gegenseitig kennen, je besser werden unsere Einzahlungen.
Kann man auch zu viel einzahlen?
Bei einer zu großen Einzahlung durch den anderen fühlen wir uns auch unwohl sind wir intuitiv bestrebt, auch etwas einzuzahlen. Dies wird häufig im Verkauf genutzt. Warst du schon mal auf einer Tupper Party? Da erhält jeder ein „Geschenk“ (Einzahlung) und der Verkäufer spekuliert darauf, dass wir uns (unbewusst) genötigt sehen, auch etwas zu kaufen, um das Konto wieder auszugleichen. Häufig funktioniert das auch (bei DIR ab heute nicht mehr).
Was ist, wenn einer immer nur abbucht vom Beziehungskonto?
Dann wird der andere die Beziehung irgendwann verlassen. Das ist im Privatleben genauso wie im Arbeitsleben (da nennt man das Kündigung, oder noch schlimmer: innere Kündigung). Das kommt dann manchmal für den anderen sehr überraschend: „Sie will sich scheiden lassen, ich verstehe das gar nicht, sie hat doch vorher nie etwas gesagt.“ Das ist doch auch unfair, oder?
So kannst du deine Beziehungen mit dem Wissen über das Beziehungskonto glücklicher gestalten:
Gehörst du vielleicht auch zu denen, die „um des lieben Friedens willen“ nichts ansprechen, was sie stört? Dann erwarte auch keine Veränderungen. WIE du das, was dich stört am besten ansprichst, damit sich etwas ändert aber sich der andere nicht gleich angegriffen fühlt, erfährst du hier.
Oder gehörst du vielleicht zu denen, die unbewusst häufig abbuchen? Dann zahl mal ein: Check doch mal deine Beziehungskonten und schau, wo du in den nächsten 2 Wochen einzahlst und wie genau. Das können Kleinigkeiten sein – deine Mutter oder Freundin mal wieder anrufen, einen Kuchen ins Büro mitnehmen, dich bei deiner Kollegin bedanken, dass sie so häufig den Geschirrspüler ausräumt, jemanden an der Kasse vorlassen, der nur wenig eingekauft hat. Du wirst staunen, was passiert! Übrigens – Freundlichkeit ist immer eine Einzahlung.
Noch ein Tipp: Stell doch in deiner Familie oder im Freundeskreis dieses Modell einmal vor und besprecht ganz offen, was für die anderen jeweils Abbuchungen sind. Auch da wirst du überrascht sein.
Viel Spaß!